Montag, 27. Februar 2017

.... und da willst du wirklich hin ?


Im Fernseher huschen Bilder vom zerstörten Aleppo über den Schirm, die Politiker debattieren nach dem Anschlag von Berlin über den Umgang mit Flüchtlingen, und überall in Europa und der Welt kommen dunkle Gestalten aus der Versenkung empor, die man längst vergessen glaubte. Über 70 Jahre lebten wir hier in Frieden und Demokratie, aber nun, da die letzten Zeitzeugen des furchtbaren Grauens des Nazi-Regimes immer weniger werden, erleben nationalistische und rechte Kräfte nicht nur bei uns in Europa, sondern weltweit eine Renaissance. Nicht unbedingt der beste Zeitpunkt, in ferne Länder zu verreisen, schon gar nicht mit einem deutschen Nummernschild auf dem Motorrad.

Aber dennoch war ich sofort begeistert, als bei der Südamerika-Motorradgruppe die Idee von einer Reise durch den Iran bis zum Oman aufkam. Wie sonst kann man sich ein reelles Bild machen als durch persönliche Anschauung? Die seitenlangen Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes für Iran haben nur ein Ziel: kein Deutscher soll da je hinfahren, es sei denn aus geschäftlichen Gründen! Aber wenn man die diversen Reiseforen durchsucht oder Menschen fragt, die selbst schon im Iran waren, dann ergibt sich ein ganz anderes Bild. Von großartigen Landschaften wird da geredet, von der Freundlichkeit der Menschen und deren Gastfreundschaft. Ich möchte mir selbst ein Bild machen, mein eigenes.

Ende 2015 hatte ich ja noch einmal in Hannover angefangen zu arbeiten (deshalb gab es auch keine neuen Blogs), und bei meinem jetzigen Arbeitgeber sind 6 Wochen Urlaub, die ich früher ja öfters zu nehmen pflegte, eine große Ausnahme. Da einige von uns Oldies immer noch für ihre Rente arbeiten, wurde gemeinsam beschlossen, wegen der begrenzten Zeit keine Rundreise zu machen, sondern eine Oneway-Tour nach Dubai, von wo aus die Motorräder per Container wieder zurückgehen sollten. Ich beantragte die notwendigen 5 Wochen, und noch vor Weihnachten wurde mein Urlaub tatsächlich genehmigt.

Eine gebuchte Pauschal-Reise findet statt, wenn sich die Mindestteilnehmeranzahl gefunden hat. Bei einer selbst organisierten Reise scheint es eher umgekehrt zu sein. Je mehr Teilnehmer dabei sein wollen, desto mehr muss sich jeder Einzelne dem Gruppenvorhaben unterordnen, und desto  unsicherer wird die Realisierung der Reise. Einigen Mitfahrern war diese Beschneidung ihrer eigenen Wünsche und Vorstellungen wohl zu viel, und das ganze Vorhaben geriet ins Schlingern. Nach dem, was ich momentan weiß, fahren 3 Teilnehmer wie vorgesehen, wollen aber die Andern nicht dabei haben, weil sie in einer zu großen Gruppe keinen Kontakt mehr zur Bevölkerung bekommen. Einige sagten die Tour daraufhin ganz ab, der Rest wollte eventuell später fahren, prüft aber noch die Möglichkeiten. Was tun? Meine Urlaubszeit ist fest eingetütet, da kann ich nichts verschieben. Und bei jemandem, der mich nicht dabei haben will, möchte ich auch nicht bitten. Eine Weile geriet Marokko als Alternative in den Fokus, aber dann sagte ich mir, warum soll ich wegen der Andern von meinem Plan abweichen, ich kann es auch alleine.

Natürlich wird Klaus Demel nicht für mein Motorrad alleine einen bezahlbaren Container aus dem Oman nach Deutschland chartern. Also kein Oman, keine Fähre nach Dubai, und kein Containertransport aus dem Persischen Golf. Nach einigen Recherchen kristallisierte sich immer mehr eine Rundreise durch den Iran mit Ziel Tbilisi heraus, von wo  aus das Motorrad von West-East-Travel per LKW-Fracht zurück transportiert werden soll.  Die Hinreise soll mit der Fähre von Venedig nach Igoumenitsa und über die Türkei in den Iran stattfinden. Kaum hatte ich diese Entscheidung getroffen, war ich wieder glücklich. Ich brauche so ein Highlight, wenn ich am Montagmorgen um 4:45 Uhr an der Bushaltestelle stehe, um wieder nach Hannover zu fahren. Dann ist alles ein wenig freundlicher und besser.

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